Jahrbuch Musiktherapie (Band 9)

Beitrag von Hans-Helmut Decker-Voigt zum Thema „Mein Erfolg hat viele Väter – aber Mütter noch viel mehr“ Ein Interview mit Frau Musiktherapia über die Entwicklung der Musiktherapie am Beispiel einiger ihrer Erinnerungen aus der musiktherapeutischen Geschichte seit 1948 „in Form einer quasi improvisatorischen Darstellung höchst subjektiver Erfahrungen sowie in und mit ihnen entwickelter Konzepte“

Seit 1959 sind im deutschsprachigen Raum vierzehn staatlich anerkannte musiktherapeutische Ausbildungen entstanden. Die zwölf derzeit existierenden Studiengänge ermöglichen ca. 200 Studierenden pro Jahr eine Graduierung auf Master-, Diplom- oder Bachelorniveau. Basierend auf den Informationen der „Studien- und Ausbildungslandschaft Musiktherapie 2012“ werden in diesem Artikel Studienmodule der einzelnen Ausbildungsinstitutionen tabellarisch gegenübergestellt und im Hinblick auf strukturelle und inhaltliche Vergleichbarkeit untersucht. Das Ergebnis dieser Analyse zeigt, dass sich die Studieninhalte in sechs Basisdisziplinen zusammenfassen lassen, die in nahezu allen Ausbildungscurricula enthalten sind: Musik, wissenschaftliche Grundlagen, musiktherapeutische Theorie und Praxis, Medizin/Psychologie, Psychotherapie und Selbsterfahrung. Die Heterogenität der Modul- und Fächerbezeichnungen mindert jedoch die Transparenz und die musiktherapeutischen Ausbildungen laufen somit Gefahr, v. a. in der Außendarstellung ein zu unsystematisches Bild prinzipiell vergleichbarer zentraler Studieninhalte zu vermitteln.

Im Mittelpunkt dieses Beitrages steht der Entwurf eines umfassenden Curriculums mit sechs möglichen Basisdisziplinen für ein musiktherapeutisches Studium: Musikalische Ausbildung, interdisziplinäre wissenschaftliche Grundlagen, musiktherapeutische Ausbildung, medizinische Grundlagen, psychotherapeutische Grundlagen sowie Selbstreflexion und Persönlichkeitsentwicklung. Aspekte zur interdisziplinären Verknüpfung eines solchen Curriculums, zu Lehrtherapie und Supervision werden erörtert. Die Einordnung der Musiktherapie in die psychotherapeutische Ausbildungslandschaft und ins Gesundheitssystem wird kritisch diskutiert. Die Verfasser plädieren für eine Vereinheitlichung zentraler Inhalte der bestehenden Curricula, um eine wünschenswerte berufsgesetzliche Regelung in Deutschland zu beschleunigen.

Der Erwerb musiktherapeutischen Wissens hat für viele musikalische Menschen in den sogenannten Interaktionsberufen eine große Anziehungskraft. Engagement und Identifikation in pädagogischen und psychosozialen Arbeitsfeldern gehen oftmals einher mit dem Wunsch nach weiterführenden Qualifikationen. Kompetenzen und Performanzen in bestehenden Arbeitsfeldern sollen auf diese Weise erhöht werden, außerdem suchen die Kandidaten professionell begleitete Selbsterfahrung. Eine persönlichkeitsgeprägte Arbeitsweise im bestehenden Beruf ist für viele Weiterbildungskandidaten das vorrangige Ziel ihrer Bemühungen. Ausgehend von den Inhalten und Formaten privatrechtlicher Musiktherapieaus- und Weiterbildungen, wie sie im Studienführer 2012 der DMtG vorgestellt werden, ist dieser Artikel ein Plädoyer für den Fortbestand einer differenzierten Vielfalt von Ausbildungswegen in Zeiten der Akademisierung der Musiktherapie.

Bulgarien wird als Beispiel gewählt, da es etwas aus dem Gesichtsfeld von Europa gerückt ist, obwohl sich die Bulgaren mit Europa und besonders mit Deutschland und Österreich sehr verbunden fühlen. Aufgrund von Gesprächen mit Musiktherapeuten und Dozenten wird die Situation der Musiktherapie und der Musiktherapeuten in Bulgarien, wie sie sich heute zeigt, dargestellt. Darauf folgt ein kurzer Überblick über die Situation der Musiktherapie in den EU Ländern der Ost-Erweiterung.

Im Laufe der Professionalisierung der Musiktherapie ist die Supervision zu einem gängigen und etablierten Qualitätsinstrument in der Musiktherapie gewachsen. In der Supervision spiegelt sich auch die berufliche Wirklichkeit der Musiktherapeuten mit ihren Nöten und Sorgen. Um die Alltagsrealität der Supervision im Berufsfeld der Musiktherapie einschätzen zu können, wurde 2012 eine Befragung bei den Musiktherapeuten und Musiktherapeutinnen im deutschsprachigen Raum (Österreich, Deutschland, Schweiz) durchgeführt. Dieser Artikel skizziert im ersten Teil den typischen Musiktherapeuten /Supervisanden mit seinem typischen Arbeitsfeld. Welchen Stellenwert hat die Supervision heute im Berufsverständnis des Musiktherapeuten und welche Wünsche und Ansprüche werden an den Supervisor gestellt? Die Frage, ob in der Supervision im Berufsfeld der Musiktherapie mit musiktherapeutischen Methoden und Interventionen gearbeitet wird, wird im zweiten Teil dieses Artikels beantwortet. Die von den befragten Supervisoren favorisierenden Methoden werden mit ergänzenden Fallvignetten dargestellt.

Immer mehr Schüler im dritten Jahrtausend tragen besondere familiäre Belastungen. Diese Kinder und Jugendlichen benötigen oftmals mehr Zuwendung als im klassisch orientierten Unterrichtsgeschehen zur Verfügung gestellt wird und werden kann – kann Musiktherapie eine adäquate Hilfe darstellen? Am Beispiel der Arbeit mit Kindern aus belasteten Familien (hier insbesondere alkohol- und suchterkrankter Eltern) werden Besonderheiten dieser Klientel erläutert. Wie kann musiktherapeutische Arbeit mit dieser Klientel in Schulen im Spannungsfeld von Pädagogik, Sozialer Arbeit und Medizin gelingen? Die musiktherapeutische Forschungsstudie „Hören, was niemand sieht“ und der Einsatz entlastender Hilfefaktoren (AWOKADO-Konzept) werden vorgestellt. Am Beispiel des in Theorie und Praxis erprobten KreTAS-Konzeptes werden Folgen für schulgerechte Diagnostik, Grenzen und Chancen frühzeitiger systembezogener Interventionen sowie Implikationen für die Verortung von Musiktherapie in allgemeinbildenden Schulen kritisch diskutiert.

Musiktherapie gehört seit vielen Jahren zum Therapieangebot psychiatrischer Einrichtungen und ist dennoch in der Fachliteratur wenig systematisch behandelt. Der Artikel beschreibt die Situation der Musiktherapie in der Psychiatrie, benennt Indikation, trägt Forschungsergebnisse zur Wirkung von Musiktherapie zusammen und referiert theoretische Überlegungen zu den Wirkweisen der Musik in diesem Anwendungsfeld. Auf dieser Grundlage wird reflektiert, inwieweit Musiktherapie symptomspezifisch oder tiefenpsychologisch orientiert psychotherapeutisch einsetzbar ist. Den referierten Wirkmodellen wird ein eigenes Kreismodell psychotherapeutischer Wirksamkeit gegenübergestellt.

Im Folgenden geht es um die Darstellung der methodischen Handhabe von drei Materialien in meiner Musiktherapiepraxis. Dies ist eine ambulante Praxis für erwachsene Selbstzahler. Sie bietet ein Beratungsmodell von etwa 25 Sitzungen an. In diesem Essay soll besonders hervorgehoben werden, welchen Wert die einzelnen methodischen Schritte für die Beratung selbst haben und wie dadurch die Bedeutung einer solchen Beratung als Ganzes einen wirksamen Stellenwert im Leben der Patienten erhält. Die hier dargestellte Musiktherapie versteht sich als Kultivierung von spezifischen Erfahrungsmodi: Spiel- und Hörerfahrung, Erzählerfahrung (Alltagsepisoden) sowie erinnerte Traumberichte. Wir nennen im Folgenden diese ganze Behandlung einen Garten der Möglichkeiten. Die drei Erfahrungsmodi werden hier verstanden als Umgangsformen mit der Wirklichkeit in diesem Garten und darüber hinaus als Kultivierung von Weltumgang schlechthin. Anhand eines leitenden Fallbeispieles wird so jeder Erfahrungsmodus in jeweils vier Schritten ausgelegt. 1. Schritt: Auffindung des Materials 2. Schritt: Zubereitung 3. Schritt: Kultivierung 4. Schritt: Sinnverknüpfung zwischen den Erfahrungsmodi

Die Musiktherapie hat sich in den letzten dreißig Jahren vor allem um eine Etablierung im Gesundheitswesen bemüht. Als Kontrapunkt dazu werden in diesem Artikel diejenigen Aspekte beleuchtet, durch die Musiktherapie auch Teil des Musiklebens ist. Dies ist verbunden mit Warnungen vor einer Verengung des Blicks durch den Einfluss medizinischer Paradigmen und gesellschaftlicher Zwänge und einem Plädoyer für den Erhalt der Aspekte von Mannigfaltigkeit, Offenheit und Beweglichkeit als charakteristische Merkmale kulturellen Lebens. Der Beitrag versteht sich als Anregung zur Diskussion.

Enthält eine Buchbesprechung zu: Dorothee von Moreau (Hg.): Musiktherapie in der präventiven Arbeit Dr. Ludwig Reichert Verlag (Wiesbaden) 2012, 88 Seiten, ISBN 978-3-89500-868-9, 18,00 €