Kommentar zur Replik von Doris Lier auf das Themenheft über Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement in der Psychotherapie
Re special issue on quality norms and quality management in psychotherapy: Comment on Doris Lier's reply
A propos de la réplique de Doris Lier concernant les articles sur la gestion de qualité en psychothérapie
Author(s) / Creator(s)
Kast, Verena
Schlegel, Mario
Abstract / Description
Es ist Doris Lier unbenommen, ihre Ansicht zum Thema Qualitätssicherung darzulegen. Ein Kommentar zu ihrer Replik drängt sich uns aber vor allem deshalb auf, weil sie erklärt, ihre Betrachtungsweise von der Psychologie C. G. Jungs abzuleiten. Sie lehnt die Möglichkeit einer Objektivierung seelischer Phänomene prinzipiell ab und vermittelt mit dem Bezug zur Psychologie von C. G. Jung den Eindruck, daß dies die Haltung der analytischen Psychologie sei. Jung war ebenso wie Freud stark naturwissenschaftlich orientiert, was sich auch daraus erklären mag, daß beide Mediziner waren. Bei der Jung‘schen Psychologie verhält es sich sogar so, daß ihre erste Hauptentdeckung durch Messen und Zählen gemacht wurde. Mit einer klassischen Anordnung aus der Experimentellen Psychologie Wilhelm Wundts, dem Assoziationsexperiment, unternahm Jung an der Psychiatrischen Universitätsklinik von Zürich unter Eugen Bleuler den Versuch, die Schizophrenie zu erforschen (damals hieß diese Krankheit noch Dementia praecox). Im Verlaufe einer Reihe von Untersuchungen, bei denen auch Gesunde (als Vergleichsgruppe) einbezogen wurden, stieß er auf die Existenz „emotionsgeladener Vorstellungskomplexe" (so lautete die erste Erwähnung dieses Phänomens in der Literatur), die einen reibungslosen Assoziationsablauf störten. Damit hatte er einen experimentellen Nachweis für die Richtigkeit der Anwendung der freien Assoziation bei der Freud‘schen Methode geliefert. Der Begriff „Komplex" wurde von Freud und seiner Schule in Wien in der Folge auch begeistert aufgenommen. Dies ist ein Beispiel, wie durch eine teilweise Objektivierung seelischer Phänomene die Wissenschaft der Tiefenpsychologie vorangetrieben werden konnte und ein befruchtender wissenschaftlicher Austausch stattgefunden hat.Es ist durchaus nachvollziehbar, wenn PsychotherapeutInnen Mühe haben, naturwissenschaftliche Ansätze in der Psychotherapie zu verstehen (vor allem, wenn sie aus geisteswissenschaftlichen Quellberufen stammen) oder Bedenken bezüglich humanwissenschaftlicher Instrumentarien haben. In allen Schulen gibt es unterschiedliche Gruppierungen, die eine möchte die sog. „reine" Lehre erhalten, die es zwar nie gegeben hat. Diese Gruppierung geht oft soweit, daß sie keine Leistungen von Krankenkassen beanspruchen will und Psychotherapie als eine Art Kunst sieht. Eine zweite Gruppierung verfällt in eine „Identifikation mit dem Aggressor" und ist bereit, Untersuchungsinstrumente für die Psychotherapie zu akzeptieren, die den therapeutischen Prozeß massiv stören.Ein dritter Weg besteht darin, daß die therapeutischen Praktikerlnnen an der Erarbeitung einer adäquaten Psychotherapieforschung und an der Definition von Qualität in der Psychotherapie mitwirken. In der Schweiz laufen zur Zeit große Anstrengungen, die Praktikerlnnen für diesen Diskurs zu mobilisieren und ihnen klar zu machen, daß sie in ihrem Sinn wirksam mitbestimmen können. Von hier sind auch konkrete Vorschläge zu erwarten. So könnte durchaus ein Konsens darüber zustande kommen, daß ein qualitativ guter psychotherapeutischer Prozeß zu einer größeren Autonomie führen soll. In diesem Sinn steht Qualitätssicherung im Dienste des Individuums und dient nicht der Gleichmacherei, wie dies von Lier befürchtet wird. Die in der Schweiz vom Gesetz verlangte Qualitätssicherung kann durchaus eine inhaltliche Zusammenarbeit zwischen den Schulen in Gangbringen, was für alle eine Bereicherung darstellen kann. Es geht heute in der Psychotherapie auch darum, die alten Spaltungen zu überwinden und einen gemeinsamen Fundus der wissenschaftlichen Psychotherapie zu erarbeiten. Auch hier geht es nicht um Gleichmacherei, sondern um den Erhalt der spezifischen Ansätze der einzelnen Schulen. Dies ist deshalb wichtig, weil verschiedene Menschen unterschiedliche Zugänge zu ihrer Psyche haben.Doris Lier leitet die Unmöglichkeit einer Objektivierung seelischer Phänomene aus einer Auffassung über die „Psychologie" ab, welche vom deutschen Analytiker Wolfgang Giegerich stammt. Im wesentlichen geht es dabei darum, daß das eigentliche Interesse der Psychologie" dem archetypischen Seelenhintergrund als der wahren Ebene des Menschenlebens, nicht jenem Vordergründigen des Erlebens, Strebens, Begehrens und Meinens" gilt (Zitat nach Lier). Damit definiert er die Psychologie neu in seinem Sinne, behauptet die Wahrheit zu kennen und interessiert sich nicht für den konkreten einzelnen Menschen in seinem Erleben. Nach herkömmlicher Auffassung beschäftigt sich die Psychologie gerade mit dem Erleben des Menschen in all seinen Aspekten. Im Sinne der Giegerich‘schen Definition ist die Objektivierung seelischer Vorgänge weder denk-noch wünschbar, da sie den Anspruch erhebt, sich mit dem eigentlichen Seinsgrund zu beschäftigen. Jung selbst stellt die Psychologie als Wissenschaft auch in Frage, aber auf dem Hintergrund einer selbstkritisch aufgeklärten Haltung, da die Psychologie als Wissenschaft ihr Objekt nicht außerhalb des Psychologie treibenden Subjektes hat. Die Gemeinsamkeit mit der Jung‘chen Psychologie besteht in einer teilweise gleichsinnigen Verwendung des Begriffes des Archetypus. Die Auffassung der „Psychologie" im Giegerich‘schen Sinn wird in jungianischen Kreisen denn auch mehrheitlich abgelehnt.Zu der Gesellschaftskritik von Doris Lier möchten wir keinen Kommentar machen, sondern einfach feststellen, daß sie mit der analytischen Psychologie von C. G. Jung nichts zu tun hat, und daß nicht einzusehen ist, warum in einer wissenschaftlichen Zeitschrift diesem Thema als reine Polemik über Seiten hinweg Platz eingeräumt worden ist. Die Metapher der Anorexie für wirtschaftliche Entwicklungen mag für einen Wirtschaftsfachmann in einer Wirtschaftszeitung angebracht sein, für eine Klinikerin in einer psychotherapeutischen Zeitschrift ist sie zumindest fragwürdig.
Doris Lier est parfaitement libre d'exposer son point de vue quant au thème de la garantie de qualité. Mais, dans la mesure où elle écrit que son approche se fonde sur la psychologie de C.G. Jung, une réponse s'impose. Madame Lier nie par principe qu'il soit possible d'objectiver les phénomènes psychiques et, en se référant a C.G. Jung, donne l'impression que cette attitude est celle de la psychologie jungienne. Or, Jung s'est beaucoup inspiré des sciences naturelles - comme Freud; ceci s'explique sans doute par le fait que tous deux étaient médecins. D'ailleurs, la première découverte importante de la psychologie analytique fut fondée sur des mesures et des résultats chiffrés.En utilisant un protocole classique emprunté a la psychologie expérimentale de Wilhelm Wundt - l'expérience sur les associations -, Jung, qui travaillait a l'époque a la clinique psychiatrique de l'Université de Zurich (sous Eugen Bleuler), avait tenté d'étudier la schizophrénie (que l'on appelait encore dementia praecox). Lors d'une série d'examens incluant un groupe de contrôle constitué de non-malades, il découvrit l'existence de "complexes chargés d'émotions" (appelés "emotionsgeladene Vorstellungskomplexe" dans les premiers textes publiés au sujet de ce phénomène), qui prolongent le temps de réaction dans certaines associations. Il apportait donc la preuve, sur le plan expérimental, que la méthode freudienne des libres associations se justifiait. Par la suite, Freud et ses disciples viennois reprirent avec enthousiasme la notion de "complexe'. Ceci à titre d'exemple de la manière dont la psychologie des profondeurs avança en objectivant certains phénomènes psychiques et dont des échanges scientifiques permirent la fécondation.Nous comprenons certes que certains thérapeutes (ceux/celles surtout qui ont d'abord suivi une formation en lettres) aient peine a comprendre que l'on applique a la psychothérapie des méthodes empruntées aux sciences naturelles ou hésitent à utiliser certains instruments développés par les sciences humaines. Toutes les écoles comportent différents groupes, dont certains veulent sauvegarder la "doctrine pure" - qui n'a jamais existé. Ces collègues vont jusqu'a refuser les prestations des caisses et à considérer la psychothérapie comme une sorte d'art. Un deuxième groupe "s'identifie avec l'agresseur", acceptant d'utiliser des instruments de recherche qui dérangent beaucoup le processus thérapeutique. Une troisième voie est celle selon laquelle les praticien/nes de la psychothérapie travaillent à l'élaboration de modes adéquats de recherche et tentent de définir ce qu'est la qualité en psychothérapie. Actuellement, de gros efforts sont entrepris en Suisse pour mobiliser les praticien/nes dans ce sens et pour leur faire comprendre qu'ils/elles peuvent s'engager de manière utile. Des propositions concrètes seront faites. On pourrait tout à fait se mettre d'accord pour dire qu'un processus psychothérapeutique positif au sens qualitatif doit aboutir à une plus grande autonomie de l'individu. Dans ce sens, la garantie de qualité sert ce dernier au lieu de contribuer au nivellement que semble craindre Madame Lier. Les exigences de qualité posées par la loi suisse peuvent parfaitement contribuer à ce que les écoles collaborent sur le plan du contenu, ce qui représenterait un enrichissement pour tous. Aujourd'hui les psychothérapeutes doivent également tenter de surmonter les vieilles scissions et de constituer un fonds commun de connaissances scientifiques. Ici encore, il ne s'agit pas de nivellement, mais du maintien des approches spécifiques aux différentes écoles. Ceci est important car des personnes différentes accèdent de manière différente à leur psychisme.Doris Lier déduit l'impossibilité d'objectiver les phénomènes psychiques d'une conception de la "psychologie" qui a Hé élaborée par l'analyste allemand Wolfgang Giegerich. Selon lui, et pour le formuler en quelques mots, la psychologie s'intéresse essentiellement à l'arrière-plan archétypique du psychisme, que cet auteur considère comme le niveau auquel la vie humaine se déroule véritablement, et non pas au vécu, aux aspirations, aux désirs et aux perceptions qui se trouvent en avant-plan (voir le passage cité par Madame Lier). Giegerich redéfinit donc la psychologie dans un sens qui lui est propre; il prétend connaître la vérité et ne s'intéresse pas au vécu de l'individu concret. On considère d'habitude que la psychologie étudie précisément le vécu humain dans tous ses aspects. Selon la définition de Giegerich il n'est ni possible ni souhaitable d'objectiver les processus psychiques puisque ce dernier prétend se concentrer sur l'essence même de l'être. Jung lui-même a posé la question de la nature scientifique de la psychologie; mais il l'a fait dans une perspective auto-critique, constatant qu'en tant que science, la psychologie ne peut séparer son objet du sujet qui la pratique. Giegerich et la psychologie jungienne utilisent parfois de manière identique le concept d'archétype. Mais la majorité des analystes jungiens n'accepte pas la conception de la "psychologie" soutenue par Giegerich.En ce qui concerne la critique de la société présentée par Doris Lier, nous ne ferons aucun commentaire, sauf pour constater qu'elle n'a rien à voir avec la psychologie de C.G. Jung. Nous ne comprenons pas pourquoi une revue scientifique a accepté de publier autant de pages sur ce thème, alors qu'il s'agit en fait d'une polémique. Il se peut que la métaphore de l'anorexie, utilisée pour décrire l'évolution de l'économie, intéresse un spécialiste, lecteur d'une revue d'économie. Elle est contestable lorsqu'elle est utilisée par une clinicienne écrivant pour une revue de psychothérapie.
Persistent Identifier
Date of first publication
1996-04-01
Journal title
Psychotherapie-Wissenschaft
Issue
2
Page numbers
107-109
Publisher
Psychosozial-Verlag
Publication status
publishedVersion
Review status
unknown
Is version of
Citation
Kast, V., & Schlegel, M. (1996). Kommentar zur Replik von Doris Lier auf das Themenheft über Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement in der Psychotherapie. Psychosozial-Verlag. https://doi.org/10.23668/PSYCHARCHIVES.4167
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Author(s) / Creator(s)Kast, Verena
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Author(s) / Creator(s)Schlegel, Mario
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PsychArchives acquisition timestamp2020-09-29T07:36:46Z
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Made available on2020-09-29T07:36:46Z
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Date of first publication1996-04-01
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Abstract / DescriptionEs ist Doris Lier unbenommen, ihre Ansicht zum Thema Qualitätssicherung darzulegen. Ein Kommentar zu ihrer Replik drängt sich uns aber vor allem deshalb auf, weil sie erklärt, ihre Betrachtungsweise von der Psychologie C. G. Jungs abzuleiten. Sie lehnt die Möglichkeit einer Objektivierung seelischer Phänomene prinzipiell ab und vermittelt mit dem Bezug zur Psychologie von C. G. Jung den Eindruck, daß dies die Haltung der analytischen Psychologie sei. Jung war ebenso wie Freud stark naturwissenschaftlich orientiert, was sich auch daraus erklären mag, daß beide Mediziner waren. Bei der Jung‘schen Psychologie verhält es sich sogar so, daß ihre erste Hauptentdeckung durch Messen und Zählen gemacht wurde. Mit einer klassischen Anordnung aus der Experimentellen Psychologie Wilhelm Wundts, dem Assoziationsexperiment, unternahm Jung an der Psychiatrischen Universitätsklinik von Zürich unter Eugen Bleuler den Versuch, die Schizophrenie zu erforschen (damals hieß diese Krankheit noch Dementia praecox). Im Verlaufe einer Reihe von Untersuchungen, bei denen auch Gesunde (als Vergleichsgruppe) einbezogen wurden, stieß er auf die Existenz „emotionsgeladener Vorstellungskomplexe" (so lautete die erste Erwähnung dieses Phänomens in der Literatur), die einen reibungslosen Assoziationsablauf störten. Damit hatte er einen experimentellen Nachweis für die Richtigkeit der Anwendung der freien Assoziation bei der Freud‘schen Methode geliefert. Der Begriff „Komplex" wurde von Freud und seiner Schule in Wien in der Folge auch begeistert aufgenommen. Dies ist ein Beispiel, wie durch eine teilweise Objektivierung seelischer Phänomene die Wissenschaft der Tiefenpsychologie vorangetrieben werden konnte und ein befruchtender wissenschaftlicher Austausch stattgefunden hat.Es ist durchaus nachvollziehbar, wenn PsychotherapeutInnen Mühe haben, naturwissenschaftliche Ansätze in der Psychotherapie zu verstehen (vor allem, wenn sie aus geisteswissenschaftlichen Quellberufen stammen) oder Bedenken bezüglich humanwissenschaftlicher Instrumentarien haben. In allen Schulen gibt es unterschiedliche Gruppierungen, die eine möchte die sog. „reine" Lehre erhalten, die es zwar nie gegeben hat. Diese Gruppierung geht oft soweit, daß sie keine Leistungen von Krankenkassen beanspruchen will und Psychotherapie als eine Art Kunst sieht. Eine zweite Gruppierung verfällt in eine „Identifikation mit dem Aggressor" und ist bereit, Untersuchungsinstrumente für die Psychotherapie zu akzeptieren, die den therapeutischen Prozeß massiv stören.Ein dritter Weg besteht darin, daß die therapeutischen Praktikerlnnen an der Erarbeitung einer adäquaten Psychotherapieforschung und an der Definition von Qualität in der Psychotherapie mitwirken. In der Schweiz laufen zur Zeit große Anstrengungen, die Praktikerlnnen für diesen Diskurs zu mobilisieren und ihnen klar zu machen, daß sie in ihrem Sinn wirksam mitbestimmen können. Von hier sind auch konkrete Vorschläge zu erwarten. So könnte durchaus ein Konsens darüber zustande kommen, daß ein qualitativ guter psychotherapeutischer Prozeß zu einer größeren Autonomie führen soll. In diesem Sinn steht Qualitätssicherung im Dienste des Individuums und dient nicht der Gleichmacherei, wie dies von Lier befürchtet wird. Die in der Schweiz vom Gesetz verlangte Qualitätssicherung kann durchaus eine inhaltliche Zusammenarbeit zwischen den Schulen in Gangbringen, was für alle eine Bereicherung darstellen kann. Es geht heute in der Psychotherapie auch darum, die alten Spaltungen zu überwinden und einen gemeinsamen Fundus der wissenschaftlichen Psychotherapie zu erarbeiten. Auch hier geht es nicht um Gleichmacherei, sondern um den Erhalt der spezifischen Ansätze der einzelnen Schulen. Dies ist deshalb wichtig, weil verschiedene Menschen unterschiedliche Zugänge zu ihrer Psyche haben.Doris Lier leitet die Unmöglichkeit einer Objektivierung seelischer Phänomene aus einer Auffassung über die „Psychologie" ab, welche vom deutschen Analytiker Wolfgang Giegerich stammt. Im wesentlichen geht es dabei darum, daß das eigentliche Interesse der Psychologie" dem archetypischen Seelenhintergrund als der wahren Ebene des Menschenlebens, nicht jenem Vordergründigen des Erlebens, Strebens, Begehrens und Meinens" gilt (Zitat nach Lier). Damit definiert er die Psychologie neu in seinem Sinne, behauptet die Wahrheit zu kennen und interessiert sich nicht für den konkreten einzelnen Menschen in seinem Erleben. Nach herkömmlicher Auffassung beschäftigt sich die Psychologie gerade mit dem Erleben des Menschen in all seinen Aspekten. Im Sinne der Giegerich‘schen Definition ist die Objektivierung seelischer Vorgänge weder denk-noch wünschbar, da sie den Anspruch erhebt, sich mit dem eigentlichen Seinsgrund zu beschäftigen. Jung selbst stellt die Psychologie als Wissenschaft auch in Frage, aber auf dem Hintergrund einer selbstkritisch aufgeklärten Haltung, da die Psychologie als Wissenschaft ihr Objekt nicht außerhalb des Psychologie treibenden Subjektes hat. Die Gemeinsamkeit mit der Jung‘chen Psychologie besteht in einer teilweise gleichsinnigen Verwendung des Begriffes des Archetypus. Die Auffassung der „Psychologie" im Giegerich‘schen Sinn wird in jungianischen Kreisen denn auch mehrheitlich abgelehnt.Zu der Gesellschaftskritik von Doris Lier möchten wir keinen Kommentar machen, sondern einfach feststellen, daß sie mit der analytischen Psychologie von C. G. Jung nichts zu tun hat, und daß nicht einzusehen ist, warum in einer wissenschaftlichen Zeitschrift diesem Thema als reine Polemik über Seiten hinweg Platz eingeräumt worden ist. Die Metapher der Anorexie für wirtschaftliche Entwicklungen mag für einen Wirtschaftsfachmann in einer Wirtschaftszeitung angebracht sein, für eine Klinikerin in einer psychotherapeutischen Zeitschrift ist sie zumindest fragwürdig.de_DE
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Abstract / DescriptionDoris Lier est parfaitement libre d'exposer son point de vue quant au thème de la garantie de qualité. Mais, dans la mesure où elle écrit que son approche se fonde sur la psychologie de C.G. Jung, une réponse s'impose. Madame Lier nie par principe qu'il soit possible d'objectiver les phénomènes psychiques et, en se référant a C.G. Jung, donne l'impression que cette attitude est celle de la psychologie jungienne. Or, Jung s'est beaucoup inspiré des sciences naturelles - comme Freud; ceci s'explique sans doute par le fait que tous deux étaient médecins. D'ailleurs, la première découverte importante de la psychologie analytique fut fondée sur des mesures et des résultats chiffrés.En utilisant un protocole classique emprunté a la psychologie expérimentale de Wilhelm Wundt - l'expérience sur les associations -, Jung, qui travaillait a l'époque a la clinique psychiatrique de l'Université de Zurich (sous Eugen Bleuler), avait tenté d'étudier la schizophrénie (que l'on appelait encore dementia praecox). Lors d'une série d'examens incluant un groupe de contrôle constitué de non-malades, il découvrit l'existence de "complexes chargés d'émotions" (appelés "emotionsgeladene Vorstellungskomplexe" dans les premiers textes publiés au sujet de ce phénomène), qui prolongent le temps de réaction dans certaines associations. Il apportait donc la preuve, sur le plan expérimental, que la méthode freudienne des libres associations se justifiait. Par la suite, Freud et ses disciples viennois reprirent avec enthousiasme la notion de "complexe'. Ceci à titre d'exemple de la manière dont la psychologie des profondeurs avança en objectivant certains phénomènes psychiques et dont des échanges scientifiques permirent la fécondation.Nous comprenons certes que certains thérapeutes (ceux/celles surtout qui ont d'abord suivi une formation en lettres) aient peine a comprendre que l'on applique a la psychothérapie des méthodes empruntées aux sciences naturelles ou hésitent à utiliser certains instruments développés par les sciences humaines. Toutes les écoles comportent différents groupes, dont certains veulent sauvegarder la "doctrine pure" - qui n'a jamais existé. Ces collègues vont jusqu'a refuser les prestations des caisses et à considérer la psychothérapie comme une sorte d'art. Un deuxième groupe "s'identifie avec l'agresseur", acceptant d'utiliser des instruments de recherche qui dérangent beaucoup le processus thérapeutique. Une troisième voie est celle selon laquelle les praticien/nes de la psychothérapie travaillent à l'élaboration de modes adéquats de recherche et tentent de définir ce qu'est la qualité en psychothérapie. Actuellement, de gros efforts sont entrepris en Suisse pour mobiliser les praticien/nes dans ce sens et pour leur faire comprendre qu'ils/elles peuvent s'engager de manière utile. Des propositions concrètes seront faites. On pourrait tout à fait se mettre d'accord pour dire qu'un processus psychothérapeutique positif au sens qualitatif doit aboutir à une plus grande autonomie de l'individu. Dans ce sens, la garantie de qualité sert ce dernier au lieu de contribuer au nivellement que semble craindre Madame Lier. Les exigences de qualité posées par la loi suisse peuvent parfaitement contribuer à ce que les écoles collaborent sur le plan du contenu, ce qui représenterait un enrichissement pour tous. Aujourd'hui les psychothérapeutes doivent également tenter de surmonter les vieilles scissions et de constituer un fonds commun de connaissances scientifiques. Ici encore, il ne s'agit pas de nivellement, mais du maintien des approches spécifiques aux différentes écoles. Ceci est important car des personnes différentes accèdent de manière différente à leur psychisme.Doris Lier déduit l'impossibilité d'objectiver les phénomènes psychiques d'une conception de la "psychologie" qui a Hé élaborée par l'analyste allemand Wolfgang Giegerich. Selon lui, et pour le formuler en quelques mots, la psychologie s'intéresse essentiellement à l'arrière-plan archétypique du psychisme, que cet auteur considère comme le niveau auquel la vie humaine se déroule véritablement, et non pas au vécu, aux aspirations, aux désirs et aux perceptions qui se trouvent en avant-plan (voir le passage cité par Madame Lier). Giegerich redéfinit donc la psychologie dans un sens qui lui est propre; il prétend connaître la vérité et ne s'intéresse pas au vécu de l'individu concret. On considère d'habitude que la psychologie étudie précisément le vécu humain dans tous ses aspects. Selon la définition de Giegerich il n'est ni possible ni souhaitable d'objectiver les processus psychiques puisque ce dernier prétend se concentrer sur l'essence même de l'être. Jung lui-même a posé la question de la nature scientifique de la psychologie; mais il l'a fait dans une perspective auto-critique, constatant qu'en tant que science, la psychologie ne peut séparer son objet du sujet qui la pratique. Giegerich et la psychologie jungienne utilisent parfois de manière identique le concept d'archétype. Mais la majorité des analystes jungiens n'accepte pas la conception de la "psychologie" soutenue par Giegerich.En ce qui concerne la critique de la société présentée par Doris Lier, nous ne ferons aucun commentaire, sauf pour constater qu'elle n'a rien à voir avec la psychologie de C.G. Jung. Nous ne comprenons pas pourquoi une revue scientifique a accepté de publier autant de pages sur ce thème, alors qu'il s'agit en fait d'une polémique. Il se peut que la métaphore de l'anorexie, utilisée pour décrire l'évolution de l'économie, intéresse un spécialiste, lecteur d'une revue d'économie. Elle est contestable lorsqu'elle est utilisée par une clinicienne écrivant pour une revue de psychothérapie.fr_FR
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Publication statuspublishedVersion
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Review statusunknown
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CitationKast, V., & Schlegel, M. (1996). Kommentar zur Replik von Doris Lier auf das Themenheft über Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement in der Psychotherapie. Psychosozial-Verlag. https://doi.org/10.23668/PSYCHARCHIVES.4167en
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ISSN1664-9591
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ISSN1664-9583
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Persistent Identifierhttps://hdl.handle.net/20.500.12034/3781
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Persistent Identifierhttps://doi.org/10.23668/psycharchives.4167
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Language of contentdeu
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PublisherPsychosozial-Verlag
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Is version ofhttps://www.psychotherapie-wissenschaft.info/index.php/psywis/article/view/654
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Dewey Decimal Classification number(s)150
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TitleKommentar zur Replik von Doris Lier auf das Themenheft über Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement in der Psychotherapiede_DE
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Alternative titleRe special issue on quality norms and quality management in psychotherapy: Comment on Doris Lier's replyen_US
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Issue2
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Journal titlePsychotherapie-Wissenschaft
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Page numbers107-109
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