Wilhelm Wundts Kulturpsychologie (Völkerpsychologie): Eine Psychologische Entwicklungstheorie des Geistes
Author(s) / Creator(s)
Fahrenberg, Jochen
Abstract / Description
Wilhelm Wundts Völkerpsychologie. Eine Untersuchung der Entwicklungsgesetze von Sprache, Mythus und Sitte (1900-1920, 10 Bände) umfasst auch die Gebiete Kunst, Gesellschaft, Recht, Kultur und Geschichte, und sie ist ein Monument der Kulturpsychologie zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Das kulturpsychologische Wissen der Zeit wird zusammengefasst und theoretisch strukturiert.
Der geistig-kulturelle Prozess wird nach einem System psychologischer und erkenntnistheoretischer Prinzipien analysiert. Psychologisch stützt sich Wundt auf seine Prozesstheorie der Apperzeption (der höheren integrativen Prozesse) und auf seine Psychologie der Willens- und Triebtätigkeit (siehe Grundzüge der physiologischen Psychologie, 1908-1910, 6. Aufl., Band 1-3). Wundt hebt ungefähr 20 fundamentale Motive der kulturellen Entwicklung hervor. Beispiele sind: Lebensfürsorge und Arbeitsteilung, Jungenpflege und Gemeinschaft, Selbsterziehungsmotiv, Herstellungs- und Nachahmungsmotiv, Beseelung und magisches Motiv, Rettungs- und Erlösungsmotiv, Spieltrieb und Schmuckmotiv, und Werte wie Freiheit und Gerechtigkeit.
Erkenntnis- und wissenschaftstheoretisch folgt Wundt seiner koordinierten Betrachtung von Kausalität und Teleologie sowie den Erkenntnisprinzipien: Emergenzprinzip („schöpferische Synthese“), dem Kontextprinzip und dem Kontrastprinzip sowie dem Prinzip der gewollten und ungewollten Handlungsfolgen. Methodisch gelten seine Regeln des generischen Vergleichs (Typisierung) und der kritischen Interpretation (Logik, 1921, 4. Aufl., Band 3). Er kombiniert, wenn möglich, interpretative mit experimentellen Befunden. Die Kenntnis dieser hier thesenartig dargestellten Grundlagen ist zum Verständnis unerlässlich. Die Rezeption seiner Ideen wird nach wie vor durch stereotype Missverständnisse behindert. Wenn regelmäßig die originellen theoretischen und methodologischen Grundlagen unberücksichtigt bleiben, stellt sich die Frage nach den Gründen dieser Defizite.
Die Skizze von Wundts psychologischer Entwicklungstheorie des Geistes wird eingeordnet in: (1) den Kontext der Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie und Methodenlehre Wundts; (2) den Kontext von Wundts Gesamtwerk; (3) den Kontext der speziellen Entstehungsgeschichte von Wundts Völkerpsychologie; (4) den Kontext der10-bändigen Völkerpsychologie, der Elemente der Völkerpsychologie, der Probleme der Völkerpsychologie und der Ethik; (5) den Kontext der eigenen politischen und religiösen Auffassungen; und (6) den Kontext der Rezeption und Kritik aufgrund einer ausführlichen Analyse von Rezensionen und Sekundärliteratur.
Der Neurophysiologe, Psychologe und Philosoph Wundt vereinte, bereits in der Anfangsphase der modernen Psychologie und wie kein späterer Psychologe, interdisziplinäres Wissen, multimethodische Forschungskompetenz und philosophisch-wissenschaftstheoretisches Denken (Perspektivität). Das Anregungspotenzial von Wundts Kulturpsychologie ist bei weitem nicht ausgeschöpft, verlangt jedoch heute eine enge transdisziplinäre Kooperation. Die Bezeichnung Psychologische Entwicklungstheorie des Geistes betont hier die wichtigsten Begriffe und die empirische Orientierung im Unterschied zu einer abstrakten Philosophie des Geistes oder einer spekulativen Kulturtheorie.
Keyword(s)
Wilhelm Wundt Kulturpsychologie Völkerpsychologie Philosophie des Geistes Geschichte der Psychologie InterdisziplinaritätPersistent Identifier
Date of first publication
2016-07-19
Publisher
Trier: Leibniz-Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation
Publication status
unknown
Review status
unknown
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Citation
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Author(s) / Creator(s)Fahrenberg, Jochen
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PsychArchives acquisition timestamp2022-11-21T17:09:25Z
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Made available on2016-07-19T10:16:49Z
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Date of first publication2016-07-19
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Abstract / DescriptionWilhelm Wundts Völkerpsychologie. Eine Untersuchung der Entwicklungsgesetze von Sprache, Mythus und Sitte (1900-1920, 10 Bände) umfasst auch die Gebiete Kunst, Gesellschaft, Recht, Kultur und Geschichte, und sie ist ein Monument der Kulturpsychologie zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Das kulturpsychologische Wissen der Zeit wird zusammengefasst und theoretisch strukturiert. Der geistig-kulturelle Prozess wird nach einem System psychologischer und erkenntnistheoretischer Prinzipien analysiert. Psychologisch stützt sich Wundt auf seine Prozesstheorie der Apperzeption (der höheren integrativen Prozesse) und auf seine Psychologie der Willens- und Triebtätigkeit (siehe Grundzüge der physiologischen Psychologie, 1908-1910, 6. Aufl., Band 1-3). Wundt hebt ungefähr 20 fundamentale Motive der kulturellen Entwicklung hervor. Beispiele sind: Lebensfürsorge und Arbeitsteilung, Jungenpflege und Gemeinschaft, Selbsterziehungsmotiv, Herstellungs- und Nachahmungsmotiv, Beseelung und magisches Motiv, Rettungs- und Erlösungsmotiv, Spieltrieb und Schmuckmotiv, und Werte wie Freiheit und Gerechtigkeit. Erkenntnis- und wissenschaftstheoretisch folgt Wundt seiner koordinierten Betrachtung von Kausalität und Teleologie sowie den Erkenntnisprinzipien: Emergenzprinzip („schöpferische Synthese“), dem Kontextprinzip und dem Kontrastprinzip sowie dem Prinzip der gewollten und ungewollten Handlungsfolgen. Methodisch gelten seine Regeln des generischen Vergleichs (Typisierung) und der kritischen Interpretation (Logik, 1921, 4. Aufl., Band 3). Er kombiniert, wenn möglich, interpretative mit experimentellen Befunden. Die Kenntnis dieser hier thesenartig dargestellten Grundlagen ist zum Verständnis unerlässlich. Die Rezeption seiner Ideen wird nach wie vor durch stereotype Missverständnisse behindert. Wenn regelmäßig die originellen theoretischen und methodologischen Grundlagen unberücksichtigt bleiben, stellt sich die Frage nach den Gründen dieser Defizite. Die Skizze von Wundts psychologischer Entwicklungstheorie des Geistes wird eingeordnet in: (1) den Kontext der Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie und Methodenlehre Wundts; (2) den Kontext von Wundts Gesamtwerk; (3) den Kontext der speziellen Entstehungsgeschichte von Wundts Völkerpsychologie; (4) den Kontext der10-bändigen Völkerpsychologie, der Elemente der Völkerpsychologie, der Probleme der Völkerpsychologie und der Ethik; (5) den Kontext der eigenen politischen und religiösen Auffassungen; und (6) den Kontext der Rezeption und Kritik aufgrund einer ausführlichen Analyse von Rezensionen und Sekundärliteratur. Der Neurophysiologe, Psychologe und Philosoph Wundt vereinte, bereits in der Anfangsphase der modernen Psychologie und wie kein späterer Psychologe, interdisziplinäres Wissen, multimethodische Forschungskompetenz und philosophisch-wissenschaftstheoretisches Denken (Perspektivität). Das Anregungspotenzial von Wundts Kulturpsychologie ist bei weitem nicht ausgeschöpft, verlangt jedoch heute eine enge transdisziplinäre Kooperation. Die Bezeichnung Psychologische Entwicklungstheorie des Geistes betont hier die wichtigsten Begriffe und die empirische Orientierung im Unterschied zu einer abstrakten Philosophie des Geistes oder einer spekulativen Kulturtheorie.de_DE
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Publication statusunknown
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Review statusunknown
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Persistent Identifierhttps://hdl.handle.net/20.500.11780/3674
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Persistent Identifierhttps://doi.org/10.23668/psycharchives.10919
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Language of contentdeude_DE
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PublisherTrier: Leibniz-Zentrum für Psychologische Information und Dokumentationde_DE
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Is version ofhttps://doi.org/10.6094/UNIFR/12408
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Keyword(s)Wilhelm Wundtde_DE
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Keyword(s)Kulturpsychologiede_DE
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Keyword(s)Völkerpsychologiede_DE
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Keyword(s)Philosophie des Geistesde_DE
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Keyword(s)Geschichte der Psychologiede_DE
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Keyword(s)Interdisziplinaritätde_DE
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Dewey Decimal Classification number(s)150
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TitleWilhelm Wundts Kulturpsychologie (Völkerpsychologie): Eine Psychologische Entwicklungstheorie des Geistesde_DE
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DRO typearticlede_DE
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Visible tag(s)PsyDok